Kränkungen überwinden und gesund bleiben

Kränkungen überwinden und gesund bleiben
Kränkungen heilen

Selten melden sich Menschen zu Gesprächen, um gezielt an ihren Kränkungen zu arbeiten. Sie kommen, weil es mit der Liebe bisher nicht recht klappt, sie sich von ihrem Partner nicht gut behandelt fühlen oder ihre Kinder ihnen Sorgen bereiten. Klienten fühlen sich depressiv verstimmt oder haben Ängste.

Möchten Sie wissen, warum diese Probleme oft auf einer Vielzahl unbewältigter Kränkungen beruhen?

Sich gekränkt zu fühlen, kann schnell gehen. Das Café, das Sie besuchen wollen, hat gerade wegen Renovierung geschlossen. Die Straßenbahn fährt Ihnen vor der Nase weg. Die Fernreise fällt plötzlich wegen etwas Unvorhergesehenem wie z.B. Kälteeinbruch oder Fluglotsenstreik ins Wasser. Ihr Freund macht einen Witz, den Sie falsch verstehen. Ihre Freundin sagt plötzlich eine Verabredung ab, auf die Sie sich sehr gefreut haben. Oder sie teilt Ihnen etwas ganz offen und ehrlich im Vertrauen mit, was zwar wahr ist, Sie aber gerade nicht wahrhaben und schon gar nicht hören wollen. Unfreundlichkeit von Kollegen oder Kunden, unerfüllte Erwartungen, Aggression im Straßenverkehr, Misserfolgserlebnisse, unerwiderte Zuneigung, Zurückweisungen: all dies kann kränken.

Wenn wir uns gekränkt fühlen, fühlen wir uns, seelisch verletzt. Die Reaktion auf psychische Verletzungen ähnelt denen auf physische wie bei Schlägen oder körperlichen Angriffen. Wir reagieren beleidigt, verunsichert, hilflos oder wütend. Kränkungen können dazu führen, dass wir an uns selbst zweifeln. Zumeist ziehen wir uns als der Gekränkte schmollend zurück und werten in Gedanken den Kränkenden ab. Verbreitet sind auch Rachewünsche, bei denen Pläne geschmiedet werden, wie dem Überltäter der Schmerz zurückgezahlt werden könnte.

Einen sehr selbstbewussten Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl zu kränken, ist allerdings eher schwierig. Wenn z.B. Ihre beste Freundin den geplanten Kinobesuch, auf den sie sich seit Tagen freuen, wenige Minuten vorher absagt, können Sie enttäuscht reagieren, wütend werden, sich zurückgesetzt und allein gelassen fühlen und gekränkt sein. Oder Sie denken, „schade, ich hätte das so gern heute Abend mit ihr unternommen; sie kann aber leider nicht und hat bestimmt triftige Gründe. Das ist ja eine gute Gelegenheit, Zeit mit mir zu verbringen. Was kann ich stattdessen Schönes unternehmen.“

Und das ist der entscheidenden Punkt, wie derjenige, der sich gekränkt fühlt, das Geschehen selbst aktiv mitgestaltet. Je nachdem aus welcher Perspektive Sie eine Situation betrachten, bekommt das gleiche Ereignis eine ganz andere Bedeutung.

Sie können lernen, Kränkungen nicht mehr zuzulassen, indem Sie Ihre Blickrichtung ändern.

Wenn z.B. mein Lieblings-Café geschlossen hat, kann ich das konstruktiv auffassen und darin eine Einladung sehen, mal ein anderes Lokal kennenzulernen und auszuprobieren. Wenn mir z.B. die Bahn vor der Nase wegfährt, habe ich die Wahl, darin die Aufforderung zu einer Verschnaufpause zu sehen. Ich kann zur Entspannung mal eine Station zu Fuß zu gehen oder in der Wartezeit auf die nächste Bahn einfach nichts tun und Dinge geschehen lassen.

Humorvolle und ehrliche Freunde zu haben, ist ein großes Geschenk. Was kann mir Besseres passieren, als von meinen Freunden die Wahrheit gesagt zu bekommen und auf meine blinden Flecken hingewiesen zu werden, auch wenn es vielleicht im ersten Moment unangenehm ist?

Die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, setzt allerdings voraus, dass ich das auch will. Dafür ist es nötig, mir selbst einzugestehen, mich nicht wegen einer Situation oder der Äußerung des anderen gekränkt zu fühlen, sondern weil ich Schwierigkeiten damit habe, wenn Dinge anders laufen, als ich es mir vorstelle. Dann bekomme ich vielleicht Angst, werde unsicher, stelle mich selbst in Frage, zweifele an meinem Wert oder fühle mich zurückgewiesen. Die Situation oder mein Gegenüber haben mich nur auf diesen Umstand – diese Seiten in mir – hingewiesen.

Sich dauerhaft gekränkt zu fühlen, ist eine Variante des sogenannten Opferspiels. Wie auch bei der Auseinandersetzung mit Macht und Ohnmacht geht es dabei darum, nicht andere verantwortlich zu machen und sich dadurch selbst zu entmächtigen. Wenn ich die Verantwortung für meine Gefühle oder die Gestaltung meines Lebens nicht mehr anderen übergebe, sondern in meine Hände nehme, komme ich mit meiner Kraft in Kontakt. Das Suchen nach Schuldigen oder Erfinden von Ausreden hat dann ein Ende. Wenn Sie mit Opferspielchen aufhören, denken und handeln Sie lösungsorientiert.

Im Phasenmodell nach Peter Wehmeier, das aufgrund von Befragungsergebnissen entwickelt wurde, werden 3 Kränkungsreaktionen unterschieden:

1. Akute Kränkungsreaktion
2. Kränkungszustand
3. Bewältigung der Kränkung

Die erste Phase kennzeichnen Wut, Ohnmacht, eingeschränktes Denken, Bauch-, Herz- und Kopfschmerzen und Lähmungsgefühle.

In der zweiten Phase dominieren verletzte Gefühle: Enttäuschung, Ärger, Verzweiflung, Verlassenheits- und Versagensängste. Dauert dieser Zustand über längere Zeit an, besteht die Gefahr, in der Kränkung zu erstarren. Das kann zu intensivem Rückzug, Groll und Gefühlen von Verachtung für den Kränkenden führen.

In der Bewältigungsphase gehen Männer und Frauen verschiedene Wege. Frauen sprechen sich gern aus. Ihnen hilft, sich mitzuteilen, zu weinen und zu schimpfen. Männer wollen lieber allein sein und ziehen sich in ihre Höhle zurück. Frauen und Männer gehen gern sportlichen Aktivitäten nach und lenken sich ab, um Kränkungsgefühle loszuwerden und ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden.

Zu Beginn der Bewältigung der Kränkungsgefühle steht als wichtiger Schritt, sich seine verletzten Gefühle einzugestehen, sie wahrzunehmen, ernst zu nehmen und anzuerkennen. Hier heißt Verantwortung übernehmen: ich bin derjenige, der diese Gefühle hat und ich bin für das Entstehen und Gehen meiner Gefühle verantwortlich. Meine Gefühle wurden nicht von anderen in mich reingestopft. Ich habe sie, weil ich gerade so bin, wie ich bin, nämlich empfindsam, dünnhäutig, verletzlich.

Gekränkt worden zu sein, bedeutet, auf einen wunden Punkt bei sich selbst hingewiesen worden zu sein.

Als Gekränkter steht an, sich der eigenen Empfindlichkeit und Verletzbarkeit bewusst zu werden und sich zu fragen, woher diese Verletzlichkeit denn kommt. Bei manchen ist es eine hochsensible Veranlagung, die gewisse Schutzmaßnahmen im Umgang mit Menschen und der Welt erfordert.

In der Regel jedoch beruht eine hohe Verletzlichkeit auf Kränkungen, Zurückweisungen und Traumata aus Kindertagen. Betroffenen ist dies oft gar nicht bewusst, weil diese Erlebnisse verdrängt werden, um mit diesen Verletzungen überleben zu können.

Wer z.B. als unerwünschtes Kind aufwuchs, wurde vermutlich von seiner Mutter als Last empfunden und wie ein Störenfried behandelt. Dieser Mensch ist in seinem Selbstwertgefühl verunsichert und – wird sich auch als Erwachsener unerwünscht fühlen und glauben, keine Liebe verdient zu haben. Das wiederum veranlasst ihn dann dazu, immer wieder aufs Neue Situationen zu kreieren, in denen er sich unverstanden, zurückgewiesen und ungeliebt fühlt.

In therapeutischen Gesprächen mit jemandem, dem Sie vertrauen, können primäre Verletzungen – also die Wunden aus der Kindheit, die den sich aktuell wiederholenden Kränkungserlebnissen zugrunde liegen, herausgefunden und geheilt werden.

Oft reagieren gekränkte Menschen mit Beziehungsabbruch und verletzen sich selbst durch den Verlust des Menschen, den sie so mögen, am meisten. Dies kann sehr schmerzhaft sein. Sich vom Kränkenden zu trennen, ist nicht zwangsläufig notwendig. Es reicht aus, die aktuelle Kränkungssituation zu verlassen, erst einmal auf Distanz zu gehen und Abstand zu schaffen. Im neu gewonnen Raum, der durch diesen Abstand entsteht, können Sie sich um sich selbst kümmern, liebevoll mit den verletzten Gefühlen umgehen und sich ausbalancieren.

Für die Beziehung, das Miteinander und die Freundschaft ist es gut, zu einem späteren Zeitpunkt das Gespräch zu suchen. Denn sich dem Kränkenden mitzuteilen und über das Erlebte zu sprechen, kann zum gegenseitigen Verständnis führen und das Gefühl geben, sich nah zu sein. Dann kann die Zuneigung wieder frei fließen.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Kränkungen? Wie bewältigen Sie es, wenn Sie sich gekränkt fühlen? Erzählen Sie und teilen Sie mit uns, wie es Ihnen im Umgang mit Kränkungen geht.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Cornelia Fröhlich

    die Kränkungssituation verlassen und es sich gutgehen lassen ,ist eine Super Lösung ,sich selbst wieder gute Gefühle verschaffen mit Musik oder was einfach guttut !

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